Haushaltsrede 2018

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

 

Es ist erfreulich, dass die Kämmerei uns für das vergangene Haushaltsjahr 2017, wie schon im Vorjahr, ein ausgeglichenes, ja leicht positives Jahresergebnis vorlegen kann - obwohl in der Planung noch mit einem Defizit von 4,7 Mio EUR gerechnet worden war.

Entscheidend zum diesem positiven Ergebnis beigetragen haben wieder die beiden wichtigsten Einnahmepositionen des städtischen Haushalts: Gewerbesteuern in Höhe von 19,5 Mio €, die unsere Wipperfürther Unternehmen erwirtschaftet haben - und die Einkommensteuern mit 10,5 Mio €, die von allen steuerzahlenden Bürgern erbracht wurden.

Die Zahlen zeigen die Bedeutung einer florierenden Wirtschaft für das Wohlergehen unserer Stadt. Die Kommune sollte deshalb ihre Steuerzahler  „pflegen“ und ihnen ein attraktives Arbeits- und Wohnumfeld bieten.

Das heißt konkret: Politik und Verwaltung  müssen alles tun, um unsere hiesigen Unternehmen am Ort zu halten und ihnen hier Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Zusätzlich müssen neue Firmen angeworben werden, die weitere Arbeitsplätze in unserer  Stadt schaffen. Vorbilder können da unsere Nachbargemeinden Radevormwald und Lindlar sein. Wipperfürth muss für Investoren aus Industrie, Gewerbe, Dienstleistung und Handel weitaus attraktiver gemacht werden. Das ist Aufgabe der Wirtschaftsförderung.

Interessante Standortfaktoren für junge Unternehmen und für junge Familien bietet die Stadt Wipperfürth mit ihrer Lage im Naturpark Oberberg, ihrem hohen Freizeitwert, ihrer  historischen Innenstadt, dem breiten Schulangebot, den vielfältigen Sportmöglichkeiten, kulturellen Aktivitäten und - vergleichsweise moderaten Lebenshaltungskosten. Diese Faktoren müssen aktiv vermarktet werden.

Unser größtes Problem ist die Bereitstellung von Gewerbe- und Wohnflächen. Zurzeit sind nur noch kleine, wenig attraktive Restflächen für gewerbliche Nutzung verfügbar. Große, für Gewerbenutzung im FNP ausgewiesene Flächen können derzeit nicht entwickelt werden, weil sie sich nicht im Eigentum der Stadt befinden. Es ist seit Jahren versäumt worden, geeignete Flächen zu erwerben. Wir als FDP haben wir immer wieder auf dieses Problem hingewiesen. Es ist schwer verständlich, dass Wipperfürth als die flächengrößte Kommune des Oberbergischen Kreises in der Vergangenheit nicht in der Lage war, sich rechtzeitig geeignete Grundstücke zu sichern. Ich verweise auch hier wieder auf unsere Nachbarkommunen. 

In den letzten Jahren stellt sich das Problem fehlender Entwicklungsflächen zunehmend auch im Wohnungsbau. Der städtischen Entwicklungsgesellschaft WEG gelingt es kaum noch, bebaubare Flächen aus Privatbesitz zu erwerben.  Ein entscheidendes Hemmnis ist nach unserer Auffassung das sogenannte „Baulandmanagement“, das im Jahr 2005 vom Rat beschlossen wurde, damals in der ehrenwerten Absicht, jungen Familien einen preiswerten Eigenheimbau zu ermöglichen. Heute bewirkt dieser Beschluss das Gegenteil.  Mit der Regelung werden verkaufswillige Eigentümer von Bauland verpflichtet, dieses zum festgesetzten Preis von 29 €/qm ausschließlich an die städtische WEG zu veräußern. Die WEG entwickelt die Grundstücke und verkauft sie zu einem ebenfalls regulierten Festpreis. Die damals festgesetzten Preise sind nach heutigen Maßstäben völlig unrealistisch. Das hat dazu geführt, dass ein Angebot an Baugrundstücken praktisch nicht mehr existiert. Als Liberale halten wir eine solche Außerkraftsetzung des Marktmechanismus für völlig unzeitgemäß und nicht vereinbar mit unserer Sozialen Marktwirtschaft. Nachfrage und Angebot müssen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Das „Baulandmanagement“ gehört sofort in die sozialistische Mülltonne !

In diesem Zusammenhang verweise ich auf den Artikel in der BLZ vom 31. Januar unter der Überschrift  „Eine Stadt sucht Bauland – Wipperfürths Grundstücksmarkt fast leergefegt“,

In der gleichen Ausgabe der BLZ äußert sich ein führender Vertreter der Oberbergischen Landwirte kritisch zur Ausweisung von neuem Bauland. Sein Argument: Der Landwirtschaft würden dadurch Flächen verloren gehen und die Pachtpeise nach oben getrieben. Diese Äußerung ist schon ziemlich befremdlich, wenn man bedenkt, dass heute 53 % der Gesamtfläche der Stadt Wipperfürth landwirtschaftlich genutzt werden - dagegen nur knapp 4 % als Wohnflächen und  nur 1 % als Gewerbeflächen. Die Landwirtschaft hat also den mit Abstand größten Flächenverbrauch, schafft  aber nur wenig neue Arbeitsplätze.  Ich frage, was wollen wir?  Mehr Flächen für moderne, saubere Arbeitsplätze und für junge Familien - oder noch mehr Flächen für Milchvieh und zugehörige Futtermittelproduktion ?

Ich komme zurück auf die Attraktivität unserer Innenstadt. Sie kann und muss weiter verbessert werden. Der Marktplatz ist heute schon ein Anziehungspunkt, auch für junge Leute aus der weiteren Umgebung. Er wird zusätzlich gewinnen durch die Umgestaltung, die im Rahmen des InHK im Frühjahr beginnen wird. Wir begrüßen die Planung ausdrücklich.

Ein zunehmendes Problem sind allerdings die Leerstände von Geschäftslokalen in der Innenstadt.  2006 wurde im Auftrag der WEG ein umfangreiches Einzelhandelskonzept für Wipperfürth erstellt, dessen Empfehlungen leider bis heute nicht umgesetzt wurden. Wir begrüßen deshalb den Beschluss des ASU vom vergangenen Mittwoch, eine neue, aktuelle Standortbestimmung für den Einzelhandel in Auftrag zu geben.

Ein ebenfalls seit langem geforderter Baustein zur Aufwertung der Innenstadt ist eine Gestaltungssatzung, die es der Verwaltung ermöglicht, bei Um- und Neubauten Einfluss auf die äußere Gestaltung der Gebäude zu nehmen. Damit kann schrittweise ein einheitliches Erscheinungsbild  in der Fassadengestaltung erreicht werden. Mit gleichzeitiger Sanierung der alten Bausubstanz könnte so langfristig wieder ein authentisches Altstadt-Flair entstehen. Vergleiche Nachbarstädte Hückeswagen und Remscheid-Lennep.

Ein solches Vorhaben kann nur im Einvernehmen mit Hauseigentümern und Geschäftsinhabern gelingen. Sie müssen mit Stadtplanung, Stadtmarketing und Architekten zusammengebracht werden. Um zusätzliche Anreize für die Sanierung von Bestandsimmobilien zu schaffen, müssen verfügbare Fördermittel konsequent genutzt werden.

Zum Schluss noch einige Worte zum InHK.  Ziel dieses großen Verkehrsoptimierungs-Projekts ist es, den nicht auf die Innenstadt zielenden Durchgangsverkehr aus der Stadt herauszuhalten und auf Umgehungsstraßen zu leiten. Die ersten Bauabschnitte Bahnstraße und Untere Straße sind seit einem Jahr abgeschlossen. Nach anfänglicher Skepsis, insbesondere seitens des Einzelhandels, finden die fertigen Straßenabschnitte jetzt weitgehende Zustimmung in der Bürgerschaft. Auch eine gewisse Verkehrsberuhigung konnte inzwischen erreicht werden.  Aber es ist noch lange nicht so, wie wir es uns im Endzustand wünschen..

Beim aktuellen Bauabschnitt Kölner Torplatz – Hochstraße gibt es zurzeit erheblichen Unmut über die nur schleppend vorangehenden Arbeiten. Anlieger und Nutzer der Straßen bemängeln, dass oft wochenlanger Stillstand auf den Baustellen herrschte. Auswärtige Besucher wundern sich, dass nach über einem Jahr Kanal- und Straßenbau die Strecke immer noch nicht wieder durchgehend befahr- und begehbar ist. Die Situation ist selbstredend nicht förderlich für ein positives Einkaufserlebnis in Wipperfürth.

Es stellt sich für uns die Frage, ob das für ein solches Großprojekt notwendige Zeit- und Kostencontrolling der Verwaltung ausreichend ist. Die vom Kundenumsatz abhängigen Einzelhändler können es sich jedenfalls nicht leisten, so großzügig mit der kostbaren Ressource Zeit umzugehen.

Zum Schluss noch eine Anmerkungen zum Thema Nordtangente. Erfreulich war kürzlich für mich zu hören, dass die Verwaltung Kontakt mit Straßen NRW aufgenommen hat und von dort grundsätzliche Zustimmung signalisiert wurde zum Bau eines Kreisverkehrs an der Nordtangente (B 237), im Kreuzungspunkt Westtangente/Ziegelei. Diesen Kreisel haben wir seit langem gefordert. Weiter hatten wir darauf gedrängt, zwei weitere Kreisel im Verlauf der B 237, und zwar an den Kreuzungen Königsberger Straße und Leiersmühle zu bauen. Auf Nachfrage bei unserem Straßenbauamt bekam ich die Auskunft, dass Kreisel an diesen Stellen aus technischen Gründen nicht machbar seien.  Diese Aussage erinnerte mich an einen Professor während meiner Ingenieurausbildung, der uns Studenten einhämmerte: Geht nicht, gibt’s nicht!  Ein guter Ingenieur löst das Problem.

Zum Projekt Südumgehung möchte ich nur noch kurz anmerken: Verwaltung, bitte dranbleiben! Wir brauchen auch diese Umgehungstrasse in Zukunft dringend zur Entlastung der Innenstadt.  

Ich bedanke mich und wünsche uns allen ein gutes Jahr 2018 !